- Kund:innen können emotionale oder rein praktische Beziehungen zu einem Unternehmen haben.
- Kund:innen, die sich mit dem Unternehmen identifizieren, sind schneller enttäuscht und wütend, wenn ihre Erwartungen nicht erfüllt werden. Sie kaufen seltener die Produkte und beschweren sich häufiger über das Unternehmen.
- Kund:innen, die keine emotionale Beziehung zum Unternehmen haben, sind davon nicht betroffen – sie kaufen weiterhin die Produkte und äußern sich positiv über die Marke.
Treue Kunden gelten als das Non-Plus-Ultra für Unternehmen. Sie finden sich in der Marke wieder und besitzen meist deren neuestes Produkt. Aber was passiert, wenn das Unternehmen in eine Krise gerät? Liang Ma von der Texas Christian University hat die Antworten für die optimale Krisenkommunikation.
„Was?! Das habe ich nicht erwartet!“
Krisen können verschiedene Ursachen haben. Häufig spielen Erwartungen eine Rolle. Je höher sie sind, desto schmerzhafter ist es, wenn sie enttäuscht werden. Auch Unternehmen sind davor nicht gefeit. In der Regel steht ein Unternehmen für bestimmte Werte, Dinge, die sein Produkt ausmachen. Wenn es diese verletzt, enttäuscht es, so Liang Ma, die Erwartungen seiner Kund:innen. Eine Krise bahnt sich an.
Krisenkommunikation: Auf die Beziehung kommt es an
Darauf reagieren nicht alle Kund:innen gleich. Es komme darauf an, welche Beziehung Konsument:innen zur Marke haben, so die Forscherin. Die meisten fänden einfach die Produkte gut, seien zufrieden mit dem Angebot und kauften regelmäßig ein. Sie haben eine sogenannte „Nicht-Identifizierende Beziehung“ (kurz: NIB) zum Unternehmen. Es macht für diese Kund:innen einfach einen guten Job – mehr aber auch nicht.
Bei einer „Identifizierenden Beziehung“ (IB) ist das anders. Die Kund:innen finden sich selbst und ihre Werte in der Marke wieder. Das geht so weit, dass sie eine emotionale Bindung zum Unternehmen aufbauen. Solche Konsument:innen gelten als Goldgrube. Denn sie lieben ihr Produkt geradezu und finden immer lobende Worte über die Marke. Im Gegenzug erwarten sie aber, dass das Unternehmen ihre Werte auch weiterhin vertritt.
Achtung, gefährlich!
Was aber passiert, wenn diese Erwartungen enttäuscht werden? Dann kann die Liebe ganz schnell ins Gegenteil umschlagen. Denn Kunden mit einer IB zur Marke reagieren laut der Studie wütender und enttäuschter auf solche Krisen, als Kunden ohne eine IB. Das wiederum führt dazu, dass die Kund:innen tendenziell schlechter über die Marke reden und in Zukunft seltener die Produkte kaufen. Liang Ma spricht hier passenderweise von einem „Love Becomes Hate“-Effekt.
Retter in der Krisenkommunikation
Die Kund:innen sind wütend, das Unternehmen ist in der Krise. Ist in der Krisenkommunikation alles aussichtslos? Nein, nicht unbedingt. Schließlich gibt es noch diejenigen Kund:innen mit einer NIB zur Marke. Diese reagieren, das zeigen die Ergebnisse, weniger wütend auf Enttäuschungen. Es geht ihnen schließlich um das Produkt – und das wollen sie auch in der Zukunft noch kaufen. Sie beschweren sich auch nicht über die Marke. Im Gegenteil: Sowohl die Kaufabsicht als auch die Einstellung zum Produkt bleiben laut Studie unverändert. In Krisen, in denen ein Unternehmen seine zentralen Werte verletzt, haben Kunden ohne eine IB einen Puffereffekt.
Fazit
Auf die Beziehung kommt es an – das gilt für alle Lebenslagen, auch für die Krisenkommunikation.
Das bedeutet:
- Beziehungen zu Kund:innen ohne emotionale Bindung zum Unternehmen müssen gestärkt werden, denn auch im Krisenfall ist auf sie Verlass. Deshalb sollten ihre Erwartungen – denn das zeigt die Studie – bestmöglich erfüllt sein.
- Vorsicht vor Kunden mit emotionaler Bindung! Sie sind zwar treue Kunden, wenn alles in Ordnung ist – in der Krise können sie jedoch zum Feind werden. Also: Für den Ernstfall am besten schon eine gute Strategie in der Schublade haben! Tipps zur Umsetzung gibt es hier.
- Methode: Strukturgleichungsmodell aus Daten eines Online-Experiments aus dem Jahr 2020
- Sample: Knapp 900 Teilnehmer:innen (Konsument:innen zweier Marken)
- Kritik: Der Fokus der Studie liegt auf Krisen, die durch Unternehmenshandeln hervorgerufen wurden (Erwartungsbruch). Krisen ohne Selbstverschuldung der Unternehmen wurden nicht berücksichtigt. Zudem wurden Messfehler im Pfadmodell wegen der Stichprobengröße nicht aufgenommen.
Weiterlesen: Ma, L. (2020). When love becomes hate: How different consumer-brand relationships interact with crises to influence consumers‘ reactions. Corporate Communications: An International Journal.
AutorIn
Isabell Erb
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