Zum Inhalt springen

Halte deine Freunde nahe bei dir, aber deine Feinde noch näher

Lesedauer: 4 Minuten
Key Facts
  • Möglichst früh transparent kommunizieren und Probleme offenlegen
  • Gemeinsame Interessen mit Gegnern betonen und Lösungen aufzeigen
  • Langfristig an Beziehungen zu potenziellen Kritikern und Gegnern arbeiten

Ob Aktivisten, Gewerkschaften oder NGOs – sie alle haben laute und meist kritische Stimmen gegenüber verschiedenen Institutionen. Besonders in kontroversen Branchen, sind sie extrem relevant und können ganze Konzerne in tiefe Krisen stürzen. Wenn solche Gruppen mit aktuellen Veränderungen nicht einverstanden sind und ihre Haltung öffentlich kundtun, setzen sie damit Firmen, Marken und Institutionen enorm unter Druck. Sie sprechen dem Unternehmen ihr Misstrauen aus – und das erschwert eine konstruktive Interaktion.

„Wir wissen nicht, wie wir diesen Gegnern entgegentreten sollen.“ 

Das sagen selbst erfahrene Kommunikationsprofis, die im Rahmen dieser Studie interviewt wurden. Viele Unternehmen ziehen es daher vor zu schweigen. Der Umgang mit Kritikern gestaltet sich auch deshalb schwierig, weil Aktivisten nicht nach den allgemeinen Regeln der Unternehmenskommunikation spielen. Sie müssen nicht verantwortungsvoll und seriös agieren, sondern können auch auf Lügen oder Gewalt zurückgreifen. So erzeugen sie gezielt soziale Spannungen und warten, bis das Unternehmen reagiert. 

Das Ignorieren dieser Gruppen ist ein Spiel mit dem Feuer 

Für Unternehmen sind Beziehungen zu Aktivisten laut Barlik überraschend wichtig: Jede Organisation sollte deshalb das Feedback der Öffentlichkeit in ihr strategisches Management einbeziehen. Andernfalls geht wertvoller Input aus diesem Umfeld verloren und es kann zu Klagen, Streiks, Boykotts und anderen Konflikten kommen. Das schadet der Reputation des Unternehmens. 

Flucht nach vorne?

Unternehmen setzen daher vermehrt auf eine transparente Krisenkommunikation, da es sich in der Regel auszahlt, Probleme offenzulegen, anstatt sie unter den Teppich zu kehren. Außerdem gilt: Je später über negative Dinge informiert wird, desto schlechter für das Unternehmen. Die Entwicklung von Notfallplänen ist ebenfalls essenziell für eine erfolgreiche Krisenbewältigung. Mangelnde Vorbereitung führt meist zu verzweifelten Versuchen von Topmanager:innen, die Krise noch abzuwenden. Kommunikationsmanager:innen sollten frühzeitig mögliche Krisenursachen und Listen mit potenziellen Gegner:innen aufsetzen. Während einer Krise wird traditionell viel Aufmerksamkeit auf formale Kommunikationskanäle und auf die sorgfältige Überprüfung ausgehender Nachrichten mit den juristischen Teams gelegt. Der beste Kommunikationsmix in der Krise ist allerdings eine Kombination aus direkter Ansprache über persönliche Kontakte zu den Journalist:innen und die eigenen Medien, beispielsweise über die Website.

„Aktivismus treibt Organisationen zu Spitzenleistungen an“

Organisationen, die erfolgreich mit Druck von Aktivist:innen umgehen, entwickeln exzellente PR-Programme, die auf ausgefeilter, zweiseitiger Kommunikation basieren. Expert:innen sind sich einig, dass es während der Krise wichtig ist, mit den Stakeholdern in Kontakt zu treten auch zu jenen, die der Organisation feindlich gegenüberstehen. „Unsere Rolle ist es dann, zu beweisen, dass alle Parteien gemeinsame Interessen haben und dass eine Bereinigung der Situation für alle von Vorteil ist.“, berichtet einer der Befragten.

Nach der Krise ist vor der Krise

Unternehmen sollten sich bewusst machen, dass sie mit ihrem Gegenüber im Normalfall auch nach einer Krise weiter auskommen müssen. Es ist daher klug, der anderen Partei einen gewissen Spielraum für einen geordneten Rückzug zu lassen. Der Kontakt zu aktuellen und ehemaligen Gegner:innen hilft, die Entstehung von Krisen effektiv zu verhindern oder deren negative Folgen zu begrenzen. Jede Krise erweitert den Erfahrungsschatz: Unternehmen sollten Krisen deshalb als Chance verstehen, Abläufe in vielen Bereichen zu verbessern.

Methode Symbol

  • Qualitative Interviews mit Kommunikationsfachleuten bezüglich Meinungen, Einstellungen und Vorgehensweisen der Konfliktlösung
  • Erfahrungen aus Krisenfällen und Experteneinblicke in Ereignisse, die typischerweise nicht beobachtet werden können, weil Krisenkommunikation im Allgemeinen vertraulich behandelt wird
  • Zehn ausführliche persönliche Interviews mit leitenden Kommunikationsverantwortlichen im April und Mai 2018 in Warschau, 45 bis 80 Minuten
  • Acht Männer und zwei Frauen im Alter von 40 bis 65 Jahren

Weiterlesen: Barlik, Jacek. (2020). Sleeping with your enemies – and what happens later. Corporate Communications, 25(1), 143-156.

 

AutorIn
Nina Müller

Weitere Blogbeiträge zum Thema:

 

Autor/in

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Wir benutzen Cookies um die Nutzerfreundlichkeit der Webseite zu verbessen. Durch Ihren Besuch stimmen Sie dem zu.