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- Die Pandemie hat viele neue Herausforderungen mitgebracht und fehlende Kompetenzen aufgedeckt: Fehlende Ethikrichtlinien, Wissen zu Themen wie Cyber Security, neue Technologien und Umgang mit Datenanalysen.
- KommunikatorInnen fordern mehr Trainings in diesen Bereichen – weniger theoretisch, eher mit mehr Fokus auf Praxisbezug.
2020 hat gezeigt, dass Digitalisierung längst keine Option mehr ist, sondern eine Notwendigkeit. Sowohl Alltag als auch Arbeit haben sich innerhalb weniger Monate, ohne Vorwarnung, größtenteils in die Online-Welt verlegt. Mit dieser Verschiebung stellen sich viele Fragen zur Zukunft von KommunikationsexpertInnen: wie verändern sich deren Rollen, Aufgaben und Anforderungen und was erwartet die Kommunikationsbranche nach dieser Pandemie? Genau damit beschäftigt sich der jährliche europäische Kommunikationsmonitor – die Studie zu den aktuellen Praktiken und zukünftigen Entwicklungen der Kommunikation in Unternehmen, NGOs und Kommunikationsagenturen in Europa. Das Team der WissenschaftlerInnen aus Leipzig, Amsterdam, Madrid, Leeds und Ljubljana hat mehr als 2300 Kommunikationsprofis aus 44 europäischen Ländern zu ihren Einschätzungen zu diesen Veränderungen befragt.
Nachhilfe in Ethik
Die Studie zeigt, dass digitale Kommunikation auch im Jahr 2020 immer mehr an Bedeutung gewinnt, vor allem die sozialen Medien. Mit dieser Entwicklung verbinden KommunikatorInnen größere ethische Schwierigkeiten. Laut der Studie habe fast jede oder jeder zweite KommunikationspraktikerIn in den vergangenen zwölf Monaten mehrere solcher Herausforderungen erlebt. Beispielsweise der Umgang mit „Social Bots“, „Big Data“, InfluencerInnen und bezahlten Inhalten (siehe Infografik).
Wie man darauf reagiert, müssten viele noch lernen. Wenige der befragten PraktikerInnen hätten jemals ein Training in Kommunikationsethik absolviert und wenn, dann eher als Teil ihres Studiums und vor mehr als drei Jahren. Viele davon griffen im Fall von ethischen Dilemmata eher auf ihre persönlichen Werte und Vorstellungen zurück als auf einen professionellen Ethik-Codex oder Organisationsrichtlinien. Die kämen eher bei Nichtregierungsorganisationen und in der Verwaltung vor – weniger im Unternehmen.
Die dunkle Seite der Digitalisierung
Online Kommunikation birgt Risiken – „Cyber Security“ beschäftigt immer mehr KommunikatorInnen, jedoch seien diese oft nicht in den Präventionsmaßnahmen involviert. Mehr als die Hälfte wurden bei ihrer Arbeit mit Cyber Attacken wie „Hacks“ auf den Social-Media-Kanälen ihrer Organisation konfrontiert, beschäftigten sich aber mehr damit, wie man darauf reagieren sollte als damit, wie man so etwas vermeiden könnte. Auch bei diesem Thema gebe es also Verbesserungsbedarf, was die Teilnahme der KommunikationspraktikerInnen an der Umsetzung von „Cyber Security“-Maßnahmen betrifft. Mehr Wissen darüber helfe in Krisensituationen.
New Normal – sind KommunikatorInnen bereit dafür?
Die Studie wirft ebenfalls einen Blick auf die veränderten Anforderungen an KommunikatorInnen durch die Digitalisierung. Zu den üblichen Schlüsselkompetenzen wie Management-Skills kämen noch zwei wichtige dazu: Technologie- und Daten-Kompetenzen. Diese wurden als sehr wichtig eingestuft, aber wenn es darum ging, wie vorbereitet sich die Befragten in diesen zwei Bereichen tatsächlich fühlen, gab es große Diskrepanzen. Diese Wissenslücke könne zu weniger Leistung innerhalb von Kommunikationsabteilungen führen.
Was können Unternehmen tun?
e fähiger die MitarbeiterInnen, desto erfolgreicher die ganze Kommunikationsabteilung. Also gilt: mehr Weiterbildung für mehr Kompetenz bei künftigen Herausforderungen. 83 Prozent der befragten KommunikatorInnen wünschen sich mehr Weiterbildungsprogramme von Seiten ihrer Organisationen berichten die WissenschaftlerInnen. Folgende Lösungen schlagen sie vor.
Um die Lücken zu füllen, bedürfe es mehr:
- Aktualisierte, klare und leicht anwendbare Ethik-Richtlinien für die Kommunikationspraxis und mehr Trainings im Bereich Kommunikationsethik – weniger theoretisch, sondern mit möglichst viel Praxisbezug
- Weiterbildung der KommunikatorInnen im Bereich Cyber Security und dessen Methoden
- Fokus auf die Weiterentwicklung der Technologie- und Data-Kompetenzen von KommunikationspratikerInnen
- Zeit für KommunikatorInnen, um ihre fehlenden Kompetenzen selbst zu entwickeln
Der European Communication Monitor betont erneut, wie wichtig es ist, als KommunikatorIn auf dem aktuellsten Stand zu bleiben, um sowohl mit unerwarteten als auch mit schnellen Veränderungen mithalten zu können. Jetzt sei die Zeit gekommen, sich an die stetig verändernden Bedingungen anzupassen.
- 2324 Kommunikationsprofis aus mehr als 44 europäischen Ländern wurden zu ihren Einschätzungen zu Themen wie Ethik, Cyber Security, Weiterbildung, Kommunikationsplattformen, und Geschlechtergleichstellung befragt.
- Die meisten davon waren Führungskräfte mit mehr als 10 Jahren Erfahrung in der Kommunikationspraxis.
- Die ECM ist eine Längsschnittstudie und sammelt Daten zu diesen Themen seit 2007.
- Kritik: Zu beachten ist, dass diese Ergebnisse nicht ohne weitere Recherche auf jedes europäische Land anzuwenden sind: Trotz gemeinsamen Trends haben einzelne Länder ihre spezifischen Entwicklungen.
AutorIn
Alexandra Muntean