Eine rosa Brille für die Öffentlichkeit, mit der Probleme verschwinden – das ist laut einer südkoreanischen Studie teils möglich.
Was wäre, wenn PR-Praktiker der Öffentlichkeit einfach die berühmte „rosarote Brille“ aufsetzen könnten, damit sie über Unternehmenskrisen und Imageprobleme wohlwollend hinwegsieht. Klingt zu schön, um wahr zu sein? Ist Erkenntnissen einer südkoreanischen Studie zufolge aber zumindest teilweise möglich.
Forscher der Kookmin University haben im Jahr 2016 untersucht, wie die Art der Beziehung, die ein Unternehmen mit der Öffentlichkeit pflegt auf unterschiedliche unternehmensbezogene Themen wirkt – beispielsweise darauf, wie Probleme wahrgenommen werden. Befragt wurden 508 Studierende an einer der größten privaten Universitäten in Südkorea.
Unterschieden wurde dabei zwischen „communal relationships“ und „exchange relationships“. Während „exchange relationships“ klassische Austauschbeziehungen sind, die auf dem wechselseitigen Erbringen von Leistungen basieren, steht bei „communal relationships“ das Wohlergehen des jeweils anderen im Vordergrund. Leistungen werden auch dann angeboten, wenn nicht direkt eine Gegenleistung folgt.
Probleme werden relativiert
Betrachtet man nun die Studienergebnisse, sollten sich PR-Praktiker darauf konzentrieren „communal relationships“ mit der Öffentlichkeit aufzubauen. Solche Beziehungen sind pflegeintensiv. Sie erfordern langfristiges Engagement und kontinuierliche Interaktion – beispielsweise in Form von Pressearbeit, Marketing oder Werbung.
Der Aufwand zahlt sich aber besonders in Krisenzeiten aus: Die südkoreanischen Forscher haben gezeigt, dass eine solche Beziehung zur Öffentlichkeit helfen kann, Probleme zu lösen. Studenten, die nach eigenen Angaben in einer „communal relationship“ mit der Universität standen, nahmen auftretende Zwischenfälle als weniger problematisch wahr.
Die Erklärung der Autoren: Die Öffentlichkeit – in diesem Fall die Studierenden – blickt dann großzügiger und wohlwollender auf das Unternehmen. Über kleinere Fehler wird hinweggesehen, der Druck, den die Öffentlichkeit bei Krisen normalerweise auf Unternehmen ausübt, ist geringer. Die Öffentlichkeit vertraut in einer „communal relationship“ darauf, dass das Unternehmen eine Lösung für seine Probleme findet, mit der sie zufrieden sein wird.
Vorsicht vor Austauschbeziehungen
Austauschbeziehungen sollten Unternehmen und PR-Praktiker hingegen eher skeptisch gegenüberstehen. Hier wurde in der Studie ein gegenteiliger Effekt deutlich: Studenten, die in einer Austauschbeziehung zur Universität standen, nahmen Probleme intensiver wahr und verlangten nachdrücklicher nach einer Problemlösung.
Übertragen auf den Unternehmenskontext nehmen die Autoren deshalb an, dass Öffentlichkeiten, die in einer Austauschbeziehung mit einem Unternehmen stehen, in Krisenzeiten kritischer auf das Unternehmen blicken. Sie sind sensibler gegenüber Problemen und wollen vor allem sicherstellen, dass sie bekommen, wofür sie bezahlt haben.
Und die Moral von der Geschicht‘?
Die Autoren senden mit ihren Studienergebnissen vor allem eine zentrale Botschaft an PR-Praktiker und CEOs: Langfristig angelegte Public-Relations-Kampagnen zahlen sich aus. Wer es schafft, die Öffentlichkeit als wohlwollendes Gegenüber für sich zu gewinnen, kann sich womöglich leichter durch die nächste Krise manövrieren.
Key Facts
|
|
Methode
|