Verbände bieten ihren Mitgliedern viele Vorteile. Doch wie verhalten sie sich in einer Krise?
Wenn zu Krisenkommunikation geforscht wird, geht es vor allem um Unternehmen, die von einer Krise unmittelbar betroffen sind. Andere Akteure in der Arena der Krisenkommunikation werden oft übergangen. Die dänischen Wissenschaftler Frandsen und Johansen haben die Krisenkommunikation deshalb aus einem anderen Blickwinkel unter die Lupe genommen: Sie haben sich mit dem Verhalten von Verbänden während der Krise eines Mitgliedsunternehmens befasst.
Die Bestseller-Krise
Vero Moda, ONLY, Jack & Jones, Vila – viele dieser Marken kennen die meisten von einem Einkaufsbummel durch die Innenstadt. Dahinter steht eines der größten Textilhandelsunternehmen Dänemarks: Bestseller.
Dieses Unternehmen stand 2011 im Zentrum der größten Krise der dänischen Textilindustrie. Bestseller wurde beschuldigt, Kinderkleidung zu verkaufen, die mit krebserregenden Stoffen verunreinigt war. Anstatt eine große Rückrufaktion über die Massenmedien zu starten, beschränkte sich Bestseller auf Hinweise in den Läden und auf der Unternehmenswebsite. Das stürzte das Unternehmen kurz darauf in eine zweite Krise.
Die besondere Herausforderung für Handelsverbände
Laut den Autoren stehen Verbände bei der Krisenkommunikation vor anderen Herausforderungen als Einzelunternehmen. Denn sie müssen während einer Krise nicht nur ihr eigenes Ansehen schützen, sondern auch das ihrer Mitglieder und der vertretenen Industrie. Dabei müssen sie darauf achten, dass der schlechte Ruf eines betroffenen Mitglieds sich nicht ebenfalls negativ auf den Ruf des gesamten Verbands auswirkt. Während einer Krise sollte ein Verband das betroffene Unternehmen deshalb nicht einfach nur verteidigen, sondern auf andere Strategien setzen. Aber auf welche?
Die Kommunikationsstrategien während der Bestseller-Krise
Drei wesentliche Kommunikationsstrategien wurden durch eine Inhaltsanalyse der Medienberichterstattung zur Bestseller-Krise von den Autoren herausgearbeitet:
Selbstverteidigung: Der Verband Dänische Mode & Textil verteidigte sich selbst, indem er öffentlich bekannt gab, er habe seine Mitglieder bereits vor dem falschen Umgang mit Produktrückrufen gewarnt.
Strategische Mehrdeutigkeit: Das dänische Mode Institut sorgte für eine ausgeglichene Perspektive auf die Krise, indem es zum einen zugab, dass die Vorgehensweise von Bestseller nicht richtig war, gleichzeitig aber darauf hinwies, dass die Schuld nicht allein bei Bestseller zu sehen war.
Verbesserungsmaßnahmen erarbeiten: Die dänische Handelskammer kündigte an, allgemeine Richtlinien für den Umgang mit Schadstoffen und Produktrückrufen zu erarbeiten.
Insgesamt halten die Autoren fest, dass Handelsverbände als Akteure in Krisensituationen in der Forschung bisher zu wenig berücksichtigt wurden. Sie schreiben den Verbänden eine wichtige Rolle in Krisen zu und empfehlen ihnen, diese Rolle wahrzunehmen.
|
|
|