Wie sozialer Druck im Internet den Erfolg von Online-Werbespots beeinflusst.
Sei es ein herzerwärmender Edeka-Weihnachtsspot oder ein ungewöhnlich selbstironischer Clip der Berliner Verkehrsbetriebe – aufwendig produzierte Werbefilme werden schon lange nicht mehr nur im klassischen TV ausgestrahlt. Stattdessen setzt die Werbewirtschaft zunehmend auf Video-Plattformen und Social Media, um Botschaften reichweitenstark zu platzieren.
Doch wovon hängt der Erfolg eines Werbespots im Social Web ab? Ein internationales Team um Werbeforscher Joonghwa Lee ging dieser Frage nach. Eine Befragung amerikanischer Studierender zeigte, dass sich diese in ihrer Online-Videonutzung vor allem daran orientieren, was andere User denken und tun. Dieses Phänomen ist in vielen gesellschaftlichen Bereichen zu beobachten: Ob wir einen Organspendeausweis ausfüllen oder über Carsharing nachdenken, hängt oft davon ab, was unser Umfeld darüber denkt. Doch inwiefern lassen wir uns auch bei der Nutzung sozialer Medien davon beeinflussen?
„Aber was denken dann die anderen“?
Die Studie zeigt: mehr als gedacht. Social Media erschaffen virtuelle Gemeinschaften im Web – da ist es naheliegend, dass Menschen auch hier ihr soziales Umfeld beobachten und sich gewisse Regeln des Zusammenlebens etablieren. Was tun die anderen? Was ist richtig, was falsch? Welche Erwartungen werden an mich gestellt? Diese Fragen stellen sich, laut Autoren, auch Nutzer in der Online-Welt, um Verhaltensnormen abzuleiten und sich vor sozialer Ausgrenzung zu schützen.
Shares, Klicks, Likes – mehr als Zahlenspielerei
Laut Lee bilden sich solche gemeinschaftlichen Normen im Internet aufgrund von zwei Faktoren: Der Meinung des engeren Umfelds und Erfolgs-Indikatoren wie Ratings, die als verlässliches Maß für die allgemeine Zustimmung gelten. Ein Werbespot mit wenigen Klicks oder schlechten Bewertungen? Geht in der wachsenden Informationsflut unter und bleibt unbeachtet. Wird ein Spot jedoch von vielen gelikt oder gar im Familien- oder Freundeskreis geteilt, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass er „viral geht“ – also besondere Beachtung im Internet findet. (Schließlich will der Nutzer auch online mitreden können.) Soziale Zwänge scheinen, so das zentrale Studien-Ergebnis, gerade in neuen Medien eine wichtige Rolle zu spielen, um das Verhalten von Individuen vorherzusagen.
Markenkommunikation im Video-Zeitalter
Was bedeutet diese Erkenntnis nun für die strategische Markenkommunikation? Der Erfolg eines Online-Werbespots hängt entscheidend davon ab, ob und wie sich Nutzer über ihn austauschen. Die Überlegungen von Werbetreibenden müssen weit über den Inhalt und die Gestaltung des Spots hinausgehen – die erfolgreiche Einbindung in soziale Gemeinschaften ist entscheidend. Die Macht des Word-of-Mouth-Marketings im Web scheint damit erneut bestätigt. Geschickt eingesetzt ermöglicht es, so die Forscher, aktiv in den beschriebenen Prozess der Normenbildung einzugreifen – und einen Spot zum nächsten „Must See“ seiner Zielgruppe zu machen.
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