Wie Unternehmen durch Online Brand Communities ihre Kundenzufriedenheit verbessern, Innovationen vorantreiben und Absatzzahlen erhöhen.
elbst wenn das Berufsbild des PR-Praktikers etwas diffus ist, Schäferei gehört nun beim besten Willen nicht dazu. Mal davon abgesehen, dass man bildlich gesprochen den Werbewolf in einen Content-Schafspelz packt. Das könnte sich nun ändern, denn das Vertrauen in Werbung sinkt immer mehr. Erfahrungsberichte und Meinungen anderer Kunden sind viel wirkungsvoller. Das Internet macht diesen Austausch besonders einfach: von Harley-Davidson-Foren bis hin zu Playstation-Communities – überall diskutiert, empfiehlt und teilt man seine Erfahrungen. Wissenschaftler sprechen hier von sogenannten „Online Brand Communities“. Dort tauschen sich Nutzer aus, die ähnliche Produkte und Marken mögen und kaufen.
Gute Gründe zu forschen
Der neuseeländische Wirtschaftswissenschaftler Roderick J. Brodie von der University of Auckland Business School hat zwei Aspekte in Brand Communities untersucht: wie genau Mitglieder sich austauschen und welchen Einfluss der Austausch auf die Mitglieder hat. Das Ergebnis: Je intensiver sich Nutzer mit einer Marke beschäftigten, desto positiver wirke sich das unter anderem auf ihre Kaufbereitschaft aus. Die Wissenschaftler sprechen hier von einem hohen „Engagement“ (sprich: ɪnˈɡeɪdʒmənt).
Der Engagement-Prozess: Vom Neuling zum Mitentwicklern
Doch was bringt jemanden eigentlich dazu, sich mit Fremden in einer Online Community auszutauschen? In den meisten Fällen würden Nutzer aktiv, wenn sie Fragen zu einer Marke oder einem Produkt hätten, die nicht auf offiziellen Websites beantwortet werden. Das Engagement innerhalb der Community ist in dieser Phase noch relativ gering. Sobald man eigene Erfahrungen zu einem Produkt oder einer Marke teile oder diese sogar ausdrücklich weiterempfehle, erreiche man eine höhere Stufe im Engagement-Prozess. Die höchste Engagement-Stufe ist die sogenannte Co-Entwicklung. In dieser Phase helfen Nutzer einem Unternehmen oder einer Marke mit ihrer Erfahrung dabei, neue Produkte zu entwickeln. Laut Brodie führe dieses höhere Engagement dann im Folgeschluss zu mehr Zufriedenheit beim Nutzer, weil diese sich ernst genommen fühlten. Auf dieser Basis stellt der Wissenschaftler dann die Gleichung auf: mehr zufriedene Nutzer = mehr Absatz. Das hört sich nun recht banal an – aber wie stellt man denn als PR-Praktiker Community-Mitglieder zufrieden?
Den Bock zum Gärtner machen? PR-Praktiker in Brand Communities
Zuerst einmal sollte man sich verdeutlichen, dass Hochglanzfotos und geschliffene Phrasen nicht mehr ausreichen, um Kunden von einem Produkt oder einer Marke zu überzeugen. Stattdessen müsse die Kommunikation zwischen Unternehmensvertretern und Kunden interaktiv und auf Augenhöhe stattfinden. Online Brand Communities seien eine gute Möglichkeit hierfür. PR-Praktiker könnten dort mehr über die Bedürfnisse ihrer Kunden erfahren, Informationen bereitstellen und zum weiteren Austausch animieren. Je aktiver die Community nämlich ist, desto positiver wirke sich das auf die Marke oder das Produkt aus. Aber Achtung: Werden Unternehmensvertreter von der Community als zu interessengeleitet wahrgenommen, schadet man dem eigenen Vorhaben und macht den Bock zum Gärtner!
Zweistufiges Forschungsdesign:
|
📖 Weiterlesen: Dühring, L. (2015). Lost in translation? On the disciplinary status of public relations. Public Relations Inquiry, 4(1), 5-23.