PR-Praktiker kämpfen mit der Messung ihres Kommunikationserfolgs: Clippings und Medienresonanzanalysen taugen nicht als Evaluation.
nternehmen, Non-Profits und andere Organisationen investieren große finanzielle und personelle Ressourcen, um ihre Bezugsgruppen zu erreichen und deren Aufmerksamkeit zu gewinnen. Mit steigenden Budgets und einer wachsenden Zahl von Kommunikationskanälen geraten PRler immer stärker unter Druck, den Beitrag ihrer Arbeit zum Organisationserfolg sichtbar zu machen. Erfahrung und Intuition reichen als Entscheidungsgrundlage nicht mehr aus. Harte Fakten sind gefragt. Allerdings fehlt PR-Praktikern oftmals die Fähigkeit, ihre Kommunikationsmaßnahmen auszuwerten und deren Wert zu messen. Zu diesem Ergebnis kommt eine quantitative Onlineumfrage unter 1601 PRlern aus 40 europäischen Ländern von den Wissenschaftlern Ansgar Zerfaß (Universität Leipzig), Dejan Verčič (Universität Ljubljana) und Sophia Charlotte Volk (Universität Leipzig).
Dreifache Herausforderung
Bei der Auswertung von Kommunikationsmaßnahmen stehen PR-Praktiker laut den Wissenschaftlern vor drei großen Herausforderungen: Erstens sei es notwendig, zuverlässige Auswertungsmethoden zu entwickeln. Zweitens müsse überprüft werden, ob gesteckte Ziele erreicht wurden. Schließlich sollten sie die Daten und Erkenntnisse dazu nutzen, künftige Kommunikation zu steuern.
In allen drei Prozessschritten schneiden die Praktiker aus Unternehmen durchschnittlich besser ab, als jene, die in gemeinnützigen und staatlichen Organisationen arbeiten, so die Wissenschaftler. Dies könne daran liegen, dass im öffentlichen Bereich weniger Druck bestehe, Kommunikationserfolge nachzuweisen.
Leistung noch ausbaufähig
Die Studie zeigt, dass PRler in Bezug auf die Evaluation von Kommunikationsmaßnahmen eher mittelmäßige Fähigkeiten besitzen. Am besten seien die Praktiker noch im Umgang mit sozialwissenschaftlichen Methoden. Dazu gehörten unter anderem die Zusammenfassung und Interpretation von Daten sowie die Entwicklung von Umfragen und Analysen der sozialen Medien. Nachholbedarf bestehe bei prozess- und werteorientierten Methoden, insbesondere bei der Berechnung des Reputations- und Markenwerts.
Clippings allein reichen nicht
Doch die beste Methode tauge wenig, wenn darüber hinaus nicht überprüft werde, ob die Kommunikation zum Organisationserfolg beiträgt. Europaweit liege der Fokus der meisten Kommunikationsabteilungen auf der Evaluation der Output-Maßnahmen. Zum Einsatz kämen vor allem Clippings und Medienresonanzanalysen. Vernachlässigt würden die Evaluation der Kosten für den Kommunikationsprozess (Input) und die Auswirkungen auf die Organisationsziele und -ressourcen (Outflow). Die Entwicklung, dass Kommunikationsmessung überwiegend auf Clippings basiere, sei alarmierend. Der wichtigste Beitrag der Kommunikation zur Wertschöpfung sei der Aufbau immaterieller Werte wie Marken, Reputation und Organisationskultur. Allerdings würden nur wenige der befragten Praktiker die Wirkung immaterieller Werte auf die Organisationsziele messen.
Messung bringt Steuerung
Welchen Mehrwert ziehen nun die Praktiker aus den Messdaten? Die Studie kommt zu dem Ergebnis, dass viele Praktiker die aus den Messdaten resultierenden Erkenntnisse nicht zur Steuerung der Kommunikation verwenden. Sie würden zwar den Erfolg ihrer Kommunikationsaktivitäten messen, diesen jedoch nicht in Bezug zur Gesamtstrategie und den Zielen der Organisation setzen.
Wie können PRler in Zukunft die dreifache Herausforderung meistern?
Laut den Wissenschaftlern ist eine wichtige Voraussetzung für erfolgreiche Evaluation in der Praxis, dass PRler zusätzliche Fortbildungen im Bereich Finanzen und Management besuchen, um die Organisation besser zu verstehen und die Kommunikations- mit der Organisationsstrategie zu verknüpfen. Außerdem sei die Kenntnis über sozialwissenschaftliche Messmethoden unabdingbar. Hier seien die Universitäten gefragt, um bereits in der Ausbildung durch die Anwendung empirischer Forschungsmethoden auf die Praxis vorzubereiten. Der Austausch zwischen Wissenschaft und Praxis ermögliche darüber hinaus die Entwicklung weiterer Messmethoden.
Outflow nicht ignorieren
Die Studie zeigt: PR-Praktiker messen falsch und können daher den Beitrag ihrer Arbeit zur Wertschöpfung der Organisation nicht korrekt benennen.
Deshalb sei es so schwierig, die Investitionen in die Kommunikation vor den Entscheidungsträgern zu rechtfertigen. Der Fokus dürfe nicht nur auf der Evaluation von Medien und Kanälen liegen, sondern müsse auch die Auswirkungen der Kommunikation auf den Organisationserfolg einbeziehen. Darüber hinaus sei es notwendig, das Potenzial der Messdaten für die Strategieplanung zu nutzen.
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© Foto von Raphael Schaller