Was richtig oder falsch ist, liegt oft im Auge des Betrachters. In der PR sollen Kodizes und Richtlinien Orientierung bieten.
irtschaftsskandale haben das Vertrauen in die großen Unternehmen erschüttert. Nur 26 Prozent der Konzerne gelten nach dem GfK Trust Report 2013 als vertra
uenswürdig. Vertrauen muss man sich verdienen, somit bekommt das Thema „ethisches Verhalten“ in den Unternehmen ein ganz neues Gewicht. Das Problem ist: Was richtig und was falsch ist, liegt oft im Auge des Betrachters. In der PR-Praxis sollen Kommunikationskodizes und Richtlinien Orientierung bieten. Sind diese sinnvoll und werden sie auch in der Praxis angewendet? Kommunikationsmanager der größten deutschen Unternehmen haben Professor Bentele und seinem Team an der Universität Leipzig zu diesem Thema den Status Quo geschildert.
Verlockend: Koppelgeschäfte im PR-Alltag
Eine typische ethische Herausforderung im PR-Alltag sind Koppelgeschäfte. In diesem Fall stellt das Unternehmen beispielsweise einem Verlag Adressen von Lieferanten zur Verfügung. Im Gegenzug darf es vorteilhafte Artikel in Fachzeitschriften veröffentlichen. Oder die Unternehmen bezahlen für Werbung in einem bestimmten Medium und erhalten dafür positive Berichterstattung. Aber auf welche Abmachungen dürfen sich PR-Praktiker einlassen? Laut einer früheren Studie aus dem Jahr 2007 von Professor Bentele würden 45 Prozent der Befragten solche Koppelgeschäfte prinzipiell ablehnen. 15 Prozent fänden Koppelgeschäfte aber grundsätzlich legitim.
Das Problem mit der Wahrheit
Außerdem gibt es noch das Dilemma mit der Wahrheit. Handelt es sich um eine Lüge und damit um unethisches Verhalten, wenn Informationen systematisch weggelassen werden? 96 Prozent der Befragten sind der Meinung, dass die Unternehmenskommunikation keine falschen Informationen verbreitet. Gleichzeitig veröffentlichen 85 Prozent die Informationen häufig unstrukturiert – aus strategischen Gründen. Den Ergebnissen zufolge herrsche noch nicht in allen Bereichen Einigkeit darüber, was erlaubt sei und was nicht. Die Wissenschaftler nehmen an, dass den Befragten deshalb auch ein Kommunikationskodex so wichtig ist: Denn 80 Prozent sind von der Notwendigkeit solcher Richtlinien überzeugt.
Der Deutsche Kommunikationskodex – Die Lösung?
In ethischen Fragen im Berufsfeld Public Relations könne zum Beispiel der Deutsche Kommunikationsindex Orientierung bieten. Dabei handelt es sich um einen Ethik- und Verhaltensrahmen des DPRG (Deutscher Rat für Public Relations). Dieser Kodex wurde in den DPRG-Richtlinien weiter konkretisiert. Die Unternehmen hätten häufig ihre eigenen Kodizes. Das liege laut den Befragten daran, dass der deutsche Kommunikationskodex national ausgelegt sei. Deshalb könne er nicht ohne Weiteres auf ein internationales Unternehmen übertragen werden. Außerdem müsse er an den Tätigkeitsbereich des jeweiligen Unternehmens angepasst werden.
Richtig erkannt: Herausforderungen im Netz
Fast alle Unternehmen hätten bereits in mindestens einem der Kommunikationsbereiche (Finanzkommunikation, Media Relations, interne Kommunikation, Marketingkommunikation, Public Affairs, CSR-Kommunikation oder Online-Kommunikation) schriftliche Richtlinien ausgearbeitet. Am häufigsten gebe es solche Regeln in den Bereichen Media Relations, Finanzkommunikation und Interne Kommunikation. Besonders hervorzuheben, seien die hohen Werte für den Bereich Online-Kommunikation. Diese zeigten: Die Unternehmen haben den Umbruch erkannt und stellen sich den Herausforderungen, die sich aus den neuen Medien ergeben.
Ein besseres Image für die PR
Bisher würden die ethischen Richtlinien der Kommunikationsbereiche in der Regel nur intern und nicht nach außen kommuniziert. Das bedauert Professor Bentele, denn ein Nebeneffekt wäre, seiner Meinung nach, ein besseres Image für die PR und eine Professionalisierung des Berufsfeldes.
|
© Foto von Vitaly