Social Media sind fixer Bestandteil des Kommunikationsportfolios von Unternehmen. Ihr Potenzial für die Krisenkommunikation bleibt jedoch weitgehend ungenutzt. Was daran liegt, dass soziale Netzwerke ihrer eigenen Logik folgen und die Wirkung klassischer Strategien der Stakeholder-Ansprache aushebeln.
ommunikatoren haben es nicht leicht. Facebook, Twitter und Co. verändern die Unternehmenskommunikation und bieten Anspruchsgruppen die Möglichkeit, Informationen und Meinungen rund um ein Unternehmen und seine Produkte auszutauschen. Für das betroffene Unternehmen bedeutet dies vor allem eines: Kontrollverlust. Eine geeignete Ansprachestrategie im Falle einer Krise zu finden, wird dabei immer schwieriger. Ein australisches Forscherteam hat dieses Problem aufgegriffen und die Krisenkommunikation von siebzehn australischen Großkonzernen im Krisenfall untersucht. Die qualitative Inhaltsanalyse beschränkte sich auf die Facebook- und Twitter-Kanäle der Unternehmen.
Potenziale sozialer Netzwerke bleiben
Stakeholder erwarten im Krisenfall eine schnelle Kommunikation über die Social Media-Kanäle der Unternehmen. Die Studie liefert diesbezüglich allerdings ein ernüchterndes Ergebnis: Trotz hoher Relevanz der sozialen Netzwerke in der Krisenkommunikation wird ihr Potenzial nicht ausgeschöpft. Viele der Nachrichten und Kommentare bleiben unbeantwortet. Die Unternehmen fürchten häufig eine Verschärfung der Krise. Dabei ist das Gegenteil der Fall: Social Media-Kommunikation fördert die Krisenbewältigung. Die Forscher legen in diesem Zusammenhang zwei Wege der Stakeholder-Kommunikation in sozialen Netzwerken offen: die Kommunikation durch Status-Updates und die Beantwortung von Stakeholder-Nachrichten.
Klassische Ansprachestrategien außer Kraft gesetzt
Dabei stehen dem Unternehmen klassischerweise unterschiedliche Informations- und Antwortstrategien zur Verfügung:
- Ablehnung von Verantwortung
- Abschwächen von Verantwortung und Schadensausmaß
- Wiederherstellung von Vertrauen
- Förderung positiver Wahrnehmung
Social Media stellen jedoch eigene Anforderungen an Unternehmen, sodass die klassischen Ansprachestrategien nicht einfach auf das neue Umfeld übertragen werden können. So rät die klassische Literatur im Falle einer nicht selbstverschuldeten Krise von Strategien ab, die eine öffentliche Entschuldigung des Unternehmens voraussetzen. Im Umfeld sozialer Netzwerke wird eine solche Entschuldigung geradezu erwartet. Das Forscherteam schlägt daher eine individuelle Vorgehensweise vor.
Nachrichten- und Unternehmenstyp für Antwortstrategien entscheidend
Die Studie identifiziert sieben Nachrichtentypen, die Stakeholder im Krisenfall an Unternehmen versenden: Fragen, Einwände, Informationsangaben, Vorschläge, Wertschätzungen, Nachrichten mit belustigender Intention und solche, die das Unternehmen mit anderen in einer ähnlichen Situation oder Krise vergleichen. Je nach Nachrichtentyp und Art des Unternehmens stehen unterschiedliche Antwortstrategien zur Verfügung:
Das Unternehmen kennt die Potenziale, die Social Media für die Krisenkommunikation bietet, zieht es allerdings vor, über andere Kommunikationskanäle mit den Stakeholdern in Kontakt zu treten.
- Ignoranzstrategie:
Das Unternehmen bietet keine Status-Updates zur Krise. Ausgewählte Stakeholder-Nachrichten werden beantwortet. - Vertrauensstrategie:
Das Unternehmen bietet keine Status-Updates zur Krise. Stakeholder-Anfragen und Befürchtungen werden ernst genommen und vollständig beantwortet. - Dominanzstrategie:
Das Unternehmen bietet regelmäßige Status-Updates zur Krise. Eine Interaktion mit den Stakeholdern findet nicht statt. - Filterstrategie:
Das Unternehmen bietet regelmäßige Status-Updates zur Krise. Ausgewählte Stakeholder-Nachrichten werden beantwortet. - Transparenzstrategie:
Das Unternehmen bietet regelmäßige Status-Updates zur Krise. Stakeholder-Anfragen und Befürchtungen werden ernst genommen und vollständig beantwortet. Das Feedback der Stakeholder wird per Monitoring überwacht und getrackt.
Fazit
Der gezielte Einsatz von Stakeholder-Kommunikation in sozialen Netzwerken kann Unternehmen dabei helfen, Krisen zu bewältigen. Dabei werden bestehende Potenziale allerdings nicht genutzt. Die Studie liefert gute Anhaltspunkte für Unternehmen, um eine individuelle Ansprachestrategie für den Krisenfall zu entwickeln. Anzumerken ist jedoch, dass die Nutzung sozialer Netzwerke stark durch die jeweilige Landeskultur geprägt ist. In diesem Fall waren nur australische Unternehmen Gegenstand der Untersuchung.