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Hashtag-Hijacking auf Twitter – wie gute PR scheitern kann

Lesedauer: 3 Minuten

PR-Strategen sehen sich in sozialen Medien ganz besonderen Herausforderungen gegenüber. Ein vermeintlich harmloser Tweet sollte deshalb nicht unbedacht in die Weiten des Twitter-Universums abgeschickt werden.

In der heutigen Zeit nutzen PR-Strategen Social Media verstärkt, um mit ihrer Zielgruppe zu kommunizieren. Dieser Kontakt kann Imageschäden vorbeugen, das Unternehmen authentischer wirken lassen und die Stakeholder dauerhaft an die Organisation binden. Doch nicht selten bleibt der gewünschte Erfolg aus, da die Möglichkeit des Publikums in das Geschehen einzugreifen, bislang oft unterschätzt wird. Eine Studie aus dem Jahr 2015 zeigt, wie eine auf der Social-Media-Plattform Twitter durchgeführte PR-Kampagne des Collegefootball-Teams der Florida State University (FSU) aus dem Ruder lief und sich durch beteiligte Twitter-Nutzer verselbstständigte.

Twitter als Kommunikationsplattform für Unternehmen und Stakeholder

Am 10. August 2014 twitterte der offizielle FSU-Football-Account: „#Noles Fans: Do you have a question for our starting QB Jameis Winston? Tweet us using #AskJameis“. Was zunächst wie eine praktikable PR-Strategie schien, erwies sich schnell als äußert tückisch: Der Quarterback der Mannschaft, Jameis Winston, war zuvor negativ in Erscheinung getreten. Gegen ihn lag der Vorwurf der Vergewaltigung und des Diebstahls vor, von dem er aufgrund geringer Beweislast jedoch freigesprochen wurde.

Kritik statt Lob – individueller Hashtag-Gebrauch durch Twitter-Nutzer

Der US-Forscher Jimmy Sanderson und seine Kollegen untersuchten im Rahmen der PR-Kampagne der FSU, wie die Einladung zum Dialog innerhalb kürzester Zeit eine Krise für die Universität auslöste. Dabei stand die missbräuchliche Nutzung des Hashtags #AskJameis im Fokus der Untersuchung.

Für die Studie wurden insgesamt 1214 relevante Daten erhoben, welche ausschließlich aus Tweets mit dem Hashtag #AskJameis bestanden. Re-Tweets, welche lediglich den Inhalt eines anderen Twitter-Nutzers wiedergaben, wurden aus der Studie ausgeschlossen. Die erhobenen Daten wurden in fünf Kategorien eingeordnet, um anschließend herauszufinden, inwiefern sich die Twitter-Nutzer das Hashtag zu eigen machten.

Die Ergebnisse zeigen, dass das Hashtag insbesondere dafür genutzt wurde, um Kritik an der Florida State University zu üben, Bezug auf Jameis Winstons gesetzliche Konflikte zu nehmen, allgemein sarkastisch auf die Thematik zu reagieren, Anspielungen über eine bevorzugte Behandlung vor Gericht zu machen oder Winstons Intellekt in Frage zu stellen. Nur eine geringe Schnittmenge äußerte ernstgemeinte Fragen und wurde nicht kategorisiert.

Twitter-Nutzer bestimmen den Verlauf einer PR-Kampagne

Aus der Studie ergaben sich für die Forscher verschiedene Schlussfolgerungen: Selbst wenn eine PR-Kampagne explizit auf eine bestimmte Zielgruppe zugeschnitten ist, erlaubt der offene Zugriff auf Twitter auch Personen außerhalb des gewünschten Einzugsbereichs, sich an dem Verlauf der Geschichte zu beteiligen. Dabei können sie schlimmstenfalls die Kontrolle über die Kampagne übernehmen. Deshalb sollten Unternehmen nie vergessen, dass PR in sozialen Medien eine strategische Basis braucht, die von Anfang an klar definiert ist. Ähnliche Kampagnen anderer Organisationen sollten dazu analysiert und der Empfängerkreis sorgfältig untersucht werden. Steckt eine Organisation bereits in einer Krise, ist es zwingend erforderlich, bereits vor Kampagnenstart zu planen, wie das aktive Publikum auf den Hauptdarsteller reagieren könnte. Dabei sollten PR-Mitarbeiter sowohl gängige Lehrbuchmethoden als auch Erkenntnisse aus der Praxis berücksichtigen. Ansonsten besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass sich eine PR-Strategie durch bestimmte negative Faktoren gerade in sozialen Netzwerken verselbstständigt und eine Organisation, ein Unternehmen oder eine Person in ein schlechtes Licht rückt.

15-06-03_Merke

  • Twitter-Nutzer bestimmen den Verlauf einer PR-Kampagne und können diese scheitern lassen
  • PR in sozialen Medien muss strategisch geplant und von Anfang an klar definiert sein
  • Kampagnen anderer Unternehmen sollten im Vorfeld betrachtet und die Reaktionen des Empfängerkreises genau eingeschätzt werden
  • Die pauschale Anwendung gängiger Lehrbuchmethoden erhöht hingegen die Wahrscheinlichkeit, dass sich PR-Strategien durch das Auftreten negativer Faktoren verselbstständigen
Web
  • Qualitative Inhaltsanalyse anhand 1214 Tweets zum Thema Hashtag-Hijacking
  • Erhoben wurden ausschließlich Daten mit dem Hashtag #AskJameis
  • Erhebung der Daten erfolgte am 10. August 2014 im Zeitraum von 10 bis 11 Uhr
  • Einordnung der Tweets in fünf Kategorien und anschließende Auswertung der Art der Hashtag-Zweckentfremdung

📖 Weiterlesen: Sanderson, J., Barnes, K., Williamson, C., & Kian, E. (2015). ‘How could anyone have predicted that #AskJameis would go horribly wrong?‘ public relations, social media, and hashtag hijacking. Public Relations Review, 42 (2016), 31-37.

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