Stakeholder haben ganz unterschiedliche Erwartungen an die jeweilige Krisenkommunikation. Eine Studie zeigt, welchen Stakeholdern die Krisenkommunikation besondere Aufmerksamkeit schenken sollte.
Krise ist nicht gleich Krise
Dänische Wissenschaftler untersuchten, wie eine Unternehmenskrise in sozialen Netzwerken gerahmt wird. Als Fallbeispiel diente der Lebensmittelkonzern Nestlé, der aufgrund der Verwendung von Palmöl in der Krise steckte.
Für die Untersuchung verglichen die Forscher die Rahmung auf Facebook mit der Rahmung der Krise in Nachrichtenmedien, der unternehmenseigenen Kommunikation und der NGO-Kommunikation zum Beispielfall. Außerdem untersuchten die Forscher, ob die auf Facebook ersichtliche Rahmung die der Nachrichtenmedien zeitlich vorausgeht und somit auch die öffentliche Berichterstattung beeinflusst. Wie sich zeigt, existieren bei den einzelnen Stakeholdern unterschiedliche Wahrnehmungen der Krise.
Der Hauptakteur trägt die Verantwortung
Alle vier Quellen fokussierten sich – wenig überraschend – auf Nestlé als Hauptakteur. Viel interessanter erscheinen die Attribute, mit denen der Hauptakteur in Verbindung gebracht wird:
Während Nestlé in der eigenen Kommunikation vor allem auf Abhilfemaßnahmen setzt, werden in den Nachrichten und auf Facebook auch Verantwortung und Konsequenzen angesprochen. Überraschend ist jedoch, dass weder NGOs noch die Öffentlichkeit in den sozialen Netzwerken dem Unternehmen deutlich die Schuld zusprechen.
Journalisten dominieren die Wahrnehmung der Krise
Wer bekommt welche Informationen? Wer wird zuerst informiert? Im akuten Krisenfall gilt es, schnell und dennoch besonnen zu handeln. Die Studie zeigt, dass Krisen bei den Stakeholdern eines Unternehmens unterschiedlich aufgefasst werden können. Sie zeigt aber auch, dass Journalisten den größten Einfluss darauf haben, wie eine Krise wahrgenommen wird. Deshalb sollten klassische Medien die größte Aufmerksamkeit der Krisenmanager bekommen. Die Rahmung in den sozialen Medien wird nämlich auch von Nachrichtenmedien beeinflusst. Die zeitliche Abfolge der Rahmungen relativiert den Einfluss sozialer Medien wieder. Nachrichtenmedien dominieren das Bild einer Krise. Lediglich das Attribut der Verantwortung wurde zeitgleich von Journalisten und Facebook-Nutzern thematisiert.
Einfluss klassischer Medien nicht unterschätzen
Trotzdem sollten Krisenmanager weitere Kanäle und Stakeholder nicht einfach außer Acht lassen. Wichtig ist die Art der Krise. Ist diese zum Beispiel eine Social-Media-Krise, so muss auch die Krisenkommunikation verstärkt in den sozialen Medien stattfinden. Dabei wird auch die Schwäche der Studie deutlich: da die Forscher die Wahrnehmung von Krisen nur anhand eines Einzelfalls untersucht haben, lassen sich die Aussagen schwer generalisieren. Die Ergebnisse hätten anders aussehen können, wenn statt der Nestlé-Krise eine andere Art von Krise die Grundlage der Untersuchung gewesen wäre.
Dennoch gilt: Krisenkommunikation liegt im Auge des Betrachters. Verschiedene Gruppen können unterschiedliche Wahrnehmungen und Ansprüche an das Unternehmen in einer Krise haben. Der Einfluss klassischer Nachrichtenmedien auf die öffentliche Wahrnehmung der Krise ist jedoch auch in Zeiten sozialer Medien nicht zu unterschätzen.
📖 Weiterlesen: Etter, M. A. & Vestergaard, A. (2015). „Facebook and the public framing of a corporate crisis“. Corporate Communications: An International Journal, 20(2), 163-177.
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