Wie spreche ich als Unternehmen potenzielle Arbeitnehmer an? Was genau kommuniziere ich welchen Stakeholdern? Über zielgruppengerechte Employer Relations sollten sich Unternehmen nicht zuletzt in Zeiten des Fachkräfte-Mangels Gedanken machen.
Arbeitnehmer ist nicht gleich Arbeitnehmer
… das unterstreichen C. Mast, A. Simtion und K. Spachmann von der Universität Hohenheim in einer aktuellen Studie. Auszubildende, Studierende und Beschäftigte unterscheiden sich darin, wie stark sie sich für Arbeitgeberthemen interessieren, welche Kommunikationswege sie bei der Informationsbeschaffung über (potenzielle) Arbeitgeber bevorzugen und darin, welche Informationen zu Arbeitgebern und Arbeitsstellen sie als besonders wichtig erachten. Das gilt im Allgemeinen – aber auch dann, wenn den Befragten eine für sie attraktive Stelle präsentiert wird. Außerdem beschäftigten sich die Forscher mit der Bereitschaft der Stakeholder, für eine interessante Arbeitsstelle in eine andere Region zu ziehen. Für Kommunikationsverantwortliche gut zu wissen: Das Internet – mit Ausnahme von Social Media – ist für alle Stakeholdergruppen die bedeutendste Informationsquelle, insbesondere auch die Unternehmenswebseite. Zudem spielen Gespräche mit Freunden und Familie oder Mitarbeitern des Unternehmens eine große Rolle.
Studierende: eine mobile und hoch interessierte Zielgruppe für Employer Relations
Studierende zeigen im Vergleich zu Beschäftigten und Auszubildenden die höchste Mobilitätsbereitschaft, das größte allgemeine Interesse an Arbeitgeberthemen und das stärkste Interesse an Informationen zum Unternehmen, wenn es um eine attraktive Stelle geht – also ein hohes Involvement gegeben ist. Ohne dass Antwortmöglichkeiten vorgegeben waren, nannten sie vor allem Informationen zum Arbeitsklima, zu Lohn und Gehalt sowie der Unternehmensgröße als wichtig. Ferner scheinen Karrieremöglichkeiten und Unternehmenswerte besonders relevant. Sie besuchen zu Informationszwecken vergleichsweise häufig Unternehmensveranstaltungen und nutzen stärker als die anderen Gruppen Online-Quellen.
Auszubildende: persönliche Gespräche mit Mitarbeitern forcieren
Auszubildende sind weniger häufig als Studierende dazu bereit, für eine Arbeitsstelle den Wohnort zu wechseln und interessieren sich vergleichsweise am wenigsten für Arbeitgeberthemen. Geht es um eine konkrete Stelle, steigt das Interesse jedoch um mehr als das Doppelte an. Auf Platz eins der relevanten Aspekte bei einer interessanten Arbeitsstelle: Das Gehalt. Es folgen das Arbeitsklima und die Arbeitszeit. Ein starkes Augenmerk legen auch Auszubildende auf Karrieremöglichkeiten. Bei der Informationssuche zeigen sich nur geringfügig Unterschiede zu den Studierenden: Online-Quellen ziehen sie etwas seltener heran, führen dafür eher Gespräche mit Mitarbeitern des Unternehmens.
Abhängig Beschäftigte: Wechselbereitschaft nutzen
Die Beschäftigten sind insgesamt am wenigsten bereit für eine Arbeitsstelle in eine andere Region zu ziehen. Allerdings: jeder Dritte kann sich vorstellen, den Arbeitsplatz zu wechseln, sollte sich eine Gelegenheit ergeben. Sie interessieren sich etwas stärker für Arbeitgeberthemen als Auszubildende, bei einer attraktiven Stelle und hohem Involvement steigt das Interesse jedoch kaum an und sie bleiben hinter den Studierenden und Auszubildenden zurück. Bei einem interessanten Stellenangebot möchten die Beschäftigen vor allem Näheres zum Arbeitsklima in Erfahrung bringen, es folgen Angaben zum Gehalt und zur wirtschaftlichen Situation des Unternehmens. Außerdem interessieren sie sich stärker als ihre „Konkurrenz“ in Studium und Ausbildung für die Ausstattung des Arbeitsplatzes und zusätzliche Verdienstmöglichkeiten. Bei der Wahl der Informationsquellen fällt auf: Beschäftigte setzen stärker als die anderen Gruppen auf Berichterstattung in Printmedien.
Job-Persönlichkeit löst Grenzen zwischen Beschäftigten, Studierenden und Auszubildenden auf
Die Forscher konnten mittels der Befragungsdaten nicht nur Unterschiede zwischen den Stakeholdergruppen ausmachen, sondern auch innerhalb. Diese beziehen sich auf die Haltung bei der Arbeit (Sicherheit vs. Veränderung) und auf Ziele bei der Arbeit – sind diese materialistisch, also am Verdienst ausgerichtet oder idealistisch, sprich an Selbstverwirklichung orientiert? In Kombination ergeben Ziele und Haltung vier unterschiedliche Job-Persönlichkeiten. Während unter den Studierenden die veränderungsorientierten Idealisten deutlich vorne liegen, landen diese bei den Auszubildenden knapp hinter den veränderungsorientierten Materialisten. Bei den Beschäftigten sind die veränderungsorientierten Idealisten sowie die sicherheitsorientierten und die veränderungsorientierten Materialisten zu etwa je einem Drittel vertreten.
Genau wie die speziellen Bedürfnisse der Stakeholdergruppen, birgt auch die Job-Persönlichkeit große Potenziale für maßgeschneiderte Employer Relations und Personalrekrutierung.
- Themenschwerpunkte je nach Stakeholdergruppe und deren Informationsbedürfnissen setzen – dabei aber auch Job-Persönlichkeiten bedenken
- Arbeitsklima als relevantes Argument bei allen Stakeholdergruppen entsprechend kommunizieren – harte Fakten (wie das Gehalt) ebenso wenig unterschlagen
- Unternehmenswebseite für aktive Recherche attraktiv und nutzerfreundlich gestalten – Social Media getrost zurückstellen
- Mitarbeiter als Botschafter einsetzen und auch Journalisten bei Employer Relations bedienen
Dezember 2014 bis Januar 2015: Repräsentative Befragungen unter Beschäftigten (833), Studierenden (376) und Auszubildenden (87) zu:
- Allgemeinem Informations- und Mediennutzungsverhalten, Social Media-Aktivitäten
- beruflicher Situation, Wechsel- und Mobilitätsbereitschaft, beruflicher Zukunftsplanung, allgemeinem Interesse an Arbeitgeberthemen, Quellen- und Themenpräferenzen
- Zusätzlich Szenario-Design: Interessen, Quellen- und Themenpräferenzen bei interessanter Arbeitsstelle
Aggregation der Daten zu einer Typologie der Job-Persönlichkeiten
📖 Weiterlesen: Mast, C., Simtion, A. & Spachmann, S. (2015): Employer Relations. Auf dem Weg zur klaren Stakeholderperspektive – eine empirische Untersuchung. Forschungsberichte zur Unternehmenskommunikation Nr. 6. Akademische Gesellschaft für Unternehmensführung & Kommunikation, Leipzig, abrufbar hier.