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„Willst du mit mir gehen?“ – Beziehungen auf Facebook und Twitter zwischen Kunden, Medienpersonen und Marken

Lesedauer: 4 Minuten

Bisher ging man davon aus, dass nur zwischen Individuen und Medienpersonen Beziehungen auf Social-Media-Plattformen entstehen können. Es ist aber anzunehmen, dass diese Art der Beziehung auch zu einer Marke entstehen kann.

Parasoziale Interaktion und Beziehungen auf Facebook und Twitter

Thomas Müller hat es, Matthias Schweighöfer hat es und die Charaktere von Berlin Tag und Nacht haben es auch: ein Profil auf Facebook und zum Teil auch Twitter, das sie mehr oder weniger regelmäßig mit neuen Fotos, Statusmeldungen und geteilten Inhalten befüllen. Fans und Follower kommen so ein Stück „näher“ an ihre Idole heran. Sie können Beiträge lesen, kommentieren und mit Freunden teilen. In der Kommunikationswissenschaft wird das als parasoziale Interaktion bezeichnet. Kommt es zu einer regelmäßigen Interaktion mit (fiktiven) Medienpersonen können auch so genannte parasoziale Beziehungen entstehen. Ein Kreislauf kommt in Gang: je häufiger die Interaktion, desto stärker die Beziehung; je stärker die Beziehung, desto häufiger die Interkationen. Der Ausdruck „parasozial“ steht hier für ein soziales Verhalten zwischen einem menschlichen Individuum und einer Medienfigur (z.B. aus dem Fernsehen), die physisch nicht anwesend und möglicherweise auch nicht real ist. Der größte Unterschied zu einer realen Beziehung besteht darin, dass das Individuum mit einer parasozialen Beziehung keinerlei Verpflichtungen eingeht: Es steht dem Individuum frei die Beziehung zu beginnen und zu beenden, wann ihm danach ist. Genauso frei kann es über die Art der Beziehung entscheiden – schwer romantisch oder eher zum Zwecke der Mitteilung ernster Gedanken.

Effekte der parasozialen Interkation und Beziehung

Resultierende Effekte können sich emotional, aber auch im Verhalten der Fans bzw. Follower zeigen. Sie können für das Idol schwärmen, Nähe empfinden und Erfolge oder Misserfolge mitfühlen. Beziehungen können aber auch so weit gehen, dass sie das Idol persönlich treffen wollen oder Handlungen nachahmen. Vor allem daraus ergibt sich die wirtschaftliche Relevanz einer parasozialen Beziehung: Mit der empfundenen Nähe zur Bezugsperson steigt auch die Attraktivität der Dinge, die diese Person tut und besitzt. Darüber hinaus sind Fans und Follower ihren Idolen gegenüber loyal. Etwa im Falle eines Social Media Shitstorms ergreifen sie Partei und verteidigen ihre Idole. Missachtet wird hierbei aber die Tatsache, dass diese Art der Beziehung nicht ausschließlich zu einer (fiktiven) Medienperson aufgebaut werden kann.

Willst-du-mit-mir-gehenMarkenbeziehung

Für die Markenkommunikation besonders interessant: Menschen können auch zu Objekten – und somit auch Marken – eine Beziehung aufbauen. Dieser Prozess gleicht dem des parasozialen Beziehungsaufbaus zu Medienpersonen, wie Julian Haag in seiner Bachelorarbeit an der TU Ilmenau nachgeweisen konnte: Ein Individuum schreibt einer Person oder auch einer Marke bestimmte Persönlichkeitsmerkmale zu. Als Bezugspersonen und -objekte werden solche gewählt, die Schnittmengen zur eigenen Persönlichkeit aufweisen und diese auf gewünschte Art erweitern. Für den Erfolg einer Marke ist es deshalb auch entscheidend, welche Persönlichkeitsmerkmale der Marke öffentlich kommuniziert werden, welche Eigenschaften einer Marke zugeschrieben werden.

Wirtschaftliche Relevanz

Den Erfolg einer Marke können Kommunikationsverantwortliche also entscheidend beeinflussen, wenn sie durch Social Media die einseitige Beziehung zum Kunden brechen und Kunden und Marke stattdessen in einen aktiven Dialog bringen. Zwischen der Marke (bzw. dem Profil der Marke) und dem Kunden entsteht eine Interaktion, die längerfristig in einer Beziehung resultieren kann. Ein Kunde wiederum, genauso wie der Fan einer Medienperson, wird beginnen über diese Beziehung zu kommunizieren (Mundpropaganda) und Nähe zur Bezugsperson bzw. -objekt aufbauen (Kaufabsicht). Gleichermaßen können die Beziehungen zu Stakeholdern gepflegt und durchaus verbessert werden. Zu beachten bleibt jedoch, dass die Produkte dieser Marke eine Form der Interaktion zwischen Kunde und Marke darstellen. Ist der Kunde mit dem Produkt unzufrieden, wird auch die parasoziale Beziehung zur Marke leiden. Es gilt also nicht nur das Markenimage und dessen Persönlichkeitsmerkmale zu pflegen und zu kommunizieren, sondern auch die Produkte attraktiv zu gestalten.


merke-02

  • Dialogbedürfnis der Stakeholder erkennen und demensprechend aufbauen
  • Marke nach realen Persönlichkeitsmerkmalen gestalten und diese auch in der Kommunikation (insbesondere in sozialen Netzwerken) umsetzten
  • Regelmäßige Interaktion führt zur einer Bindung der Fans, welche sich in der Kaufabsicht und Treue der Kunden zeigt
  • Fansbase aufbauen, die den Beziehungspartner Marke auch in schlechten Zeiten schützt und verteidigt

Methode

Quantitative Online-Befragung

  • Teilnehmer: 253 Befragte (55,3% weiblich); größtenteils Studenten
  • Vorerhebung diente der Festlegung der Untersuchungsgegenstände „Medienperson“ Thomas Müller und „Marke“ Adidas
  • Filterfrage: Nach der Vorstellung der Untersuchungsgegenstände, wurden all jene Teilnehmer ausgeschlossen, die einen oder beide der Untersuchungsgegenstände nicht kannten bzw. eine negative Beziehung zu ihnen angaben.
  • Abfrage zur Intensität der parasozialen Interaktion und Beziehung zu der festgelegten Medienperson und Marke anhand von entsprechenden Skalen

📖 Weiterlesen: Julian Haag (2015). Beziehungen zu Medienpersonen und Marken im Social Web. Eine quantitative Studie zum Vergleich parasozialer Beziehungen zu Medienfiguren und zu Marken in sozialen Netzwerken am Beispiel des Fußballnationalspielers Thomas Müller und des Sportbekleidungslabels Adidas. Unveröffentlichte Bachelorarbeit, Universität Ilmenau.

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