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Was denken die Anderen? Zielgruppenorientiertes Marketing kann einer Marke schaden

Lesedauer: 3 Minuten

Forscher der Universitäten Stockholm und Stavanger belegen anhand einer experimentellen Studie, dass Marketinginhalte nicht beabsichtigte Zielgruppen erreichen und dem Ruf einer Marke so schaden können.

Die Zielgruppe eines Produktes zu kennen und diese zu erreichen…

…ist die Aufgabe eines jeden Marketingexperten. Lange Zeit erfolgte dies durch die Auswahl des Werbekanals oder -formates. Unterschiede in den Werten, dem sozialen Status, Geschlecht oder Alter ermöglichten eine Einschränkung des potentiellen Empfängerkreises. Diese Einschränkung wird durch die zunehmende Vernetzung aufgehoben. Medieninhalte erreichen über soziale Medien auch unbeabsichtigte Zielgruppen.

Besonders brisant wird dies, wenn sich Werbeinhalte über andere soziale Gruppen lustig machen. Dies kann negative Auswirkungen auf die generelle Wahrnehmung der Marke haben. Denn nicht nur die betroffene Gruppe fühlt sich angegriffen. Vielmehr geht man davon aus, dass auch die eigentlich beabsichtigte Zielgruppe die Werbebotschaft als abwertend wahrnimmt. In Reaktion bewerten sie die Marke negativ. Dieser Effekt wurde von skandinavischen Wissenschaftlern in einer dreiteiligen Studie untersucht.

Eigenwahrnehmung vs. Fremdwahrnehmung

Der Effekt basiert auf der Annahme, dass der Einfluss von Medieninhalten auf Dritte grundsätzlich überschätzt wird. So kann zum Beispiel eine Werbeanzeige, welche eine andere Person aus eigener Sicht abwertet, von dieser Person als wesentlich weniger beleidigend wahrgenommen werden. Ob die Werbebotschaft auf Betroffene tatsächlich beleidigend wirkt, spielt eine eher untergeordnete Rolle. Maßgeblich ist dabei die Wahrnehmung der eigenen Zielgruppe. Nimmt diese die Botschaft als abwertend wahr, schlägt die Stimmung in Empörung um.

Beispiele aus der Praxis zeigen die Folgen einer Werbestrategie, die andere Personengruppen beleidigt. So sorgte beispielsweise eine von Mitsubishi in Schweden ausgestrahlte Fernsehwerbung für Ärger. Diese belustigte sich über eine norwegische TV-Sendung. Über Facebook wurde der Werbespot geteilt und erreichte auch die norwegische Bevölkerung. Die Empörung im Netz, sowohl von Seiten der Norweger, als auch von der eigentlich beabsichtigten schwedischen Zielgruppe, ließ nicht lange auf sich warten. Dies ist nur ein Beispiel von vielen. Ein einsichtiges und gut kommunizierendes Krisenmanagement ist hier erforderlich.

Wie größerer Schaden verhindert werden kann

Sollte es zu einer solchen Empörungswelle kommen, muss das Unternehmen einige Maßnahmen ergreifen. Zuerst sollte es sich bei den Betroffenen öffentlich entschuldigen. Entscheidend ist die Reaktion der abgewerteten Gruppe. Reagiert sie ablehnend auf die Entschuldigung, hat dies eine weitere Abwertung der Marke zur Folge. Nimmt sie die Entschuldigung an, kann die eigentliche Zielgruppe wiedergewonnen werden. Daher sollte die Marke ein besonderes Augenmerk auf die Reaktion der Betroffenen legen. Ist die Reaktion positiv, sollte sie außerdem an die Zielgruppe kommuniziert werden.

Die Studie belegt anhand eines Experiments die Wirkung von abwertenden Werbebotschaften auf die beabsichtigte Zielgruppe. Diese überschätzt die Wirkung auf Dritte und reagiert mit Empörung. Um Schäden am Ruf des eigenen Unternehmens zu verhindern und entstandene Schäden zu reparieren, müssen sowohl eine Entschuldigung, als auch die Reaktion Betroffener an die Öffentlichkeit kommuniziert werden. Zielgruppenorientiertes Marketing muss in Zeiten der Vernetzung auch unbeabsichtigte Zielgruppen in die Strategieplanung einbeziehen.

15-06-03_Merke

  • Online-Marketinginhalte erreichen nicht nur die Zielgruppe
  • Unbeabsichtigte Zielgruppen in die Strategieplanung einbeziehen
  • Inhalte, die eine unbeabsichtigte Zielgruppen abwerten, vermeiden
  • Eigene Zielgruppe sanktioniert die Abwertung Dritter in Werbung
  • Entschuldigung UND die Reaktion Betroffener kommunizieren
Web
  • Experimentelle, dreiteilige Studie mit insgesamt 543 Teilnehmern (Durchschnittsalter 24,7, Anteil der Teilnehmer: Anteil Teilnehmerinnen = 49,3: 50,7)
  • Die aus Norwegen und Schweden stammenden Studenten wurden dem Stimulus eines Werbeplakates eines bekannten Sportartikelherstellers ausgesetzt, welches offensichtlich abwertend gegenüber der eigenen oder anderen sozialen Gruppe war
  • Messung der Moderator- und Zielvariablen anhand eines variierenden Fragebogens
  • Einschränkungen liegen in Form des studentischen Samples, sowie der expliziten Abfrage und Bewertung der Stimuli vor

📖 Weiterlesen: Dahlén, M., Sjödin, H., Thorbjørnsen, H., Hansen, H., Linander, J., & Thunell, C. (2013). “What will ‘they’think?” Marketing leakage to undesired audiences and the third-person effect. European Journal of Marketing, 47(11/12), 1825-1840.

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