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#nutrage und Legitimität – So geht’s nicht!

Lesedauer: 4 Minuten

Dass Legitimität zum Fallstrick während einer Krise werden kann, zeigt der „Nut Rage“. Worauf müssen PR-Praktiker achten?

Eine Nuss und alles fliegt in die Luft! Oder nicht? Im Jahr 2014 ging der Hashtag #nutrage um die Welt. Die Vize-Chefin von Korean Air Heather Cho (Cho Hyun-ah) zwang ein Flugzeug, vor dem Start zum Gate zurückzukehren. Sie war unzufrieden, wie eine Flugbegleiterin ihr Nüsse servierte. Der Fall führte zu weltweiten Schlagzeilen. Mehr zum „Nut Rage“ gibt es zum Beispiel auf deutschlandfunk.de.

Das Forscher-Duo Yim und Park aus Chicago und Seoul hat sich den „Nut Rage“-Vorfall genauer angeschaut. Für sie stellt er eine Unternehmenskrise dar – genauer gesagt eine Legitimitätskrise.

Die Legitimitätskrise von Korean Air

Der „Nut Rage“ ist eine Legitimitätskrise, weil er die südkoreanische Gesellschaft gespalten hat. Ein Teil war überzeugt, dass Cho Schande über Südkorea gebracht hat. Die bis dahin hoch angesehenen Chaebols (so werden familiengeführten Unternehmens-Konglomerate in Südkorea genannt) gerieten in öffentliche Kritik – so die Sicht der Forscher. Sie definieren Legitimität als soziales Konstrukt zwischen einem Unternehmen und dessen Öffentlichkeit. Um als legitim wahrgenommen zu werden, versuchen Unternehmen Konflikte zu vermeiden und innerhalb der Gesetze und Normen einer Gesellschaft zu handeln. Zwischen den Erwartungen der Öffentlichkeit an ein Unternehmen und dessen Handeln sollten keine großen Lücken sein.

Legitimität: Kognitiv, moralisch und pragmatisch

Legitimität teilt sich in drei Arten auf: kognitive, moralische und pragmatische Legitimität. Kognitive Legitimität beschreibt die wahrgenommene öffentliche Befürwortung, dass es das Unternehmen gibt, zum Beispiel ein gutes Bild der Unternehmenskultur. Moralische Legitimität beschreibt die wahrgenommene moralische und juristische Rechtmäßigkeit eines Unternehmens, zum Beispiel ob Gesetze eingehalten werden. Pragmatische Legitimität beschreibt die öffentliche Bewertung des sozioökonomischen Beitrags eines Unternehmens für die Gesellschaft, zum Beispiel Stipendienprogramme.

Es ist schwer für ein Unternehmen alle drei Aspekte von Legitimität zu erfüllen. Es könnte zum Beispiel einen herausragenden Unternehmenserfolg aufweisen (pragmatische Legitimität) aber unethisch Handeln (Bruch der moralischen Legitimität).

Laut den Forschern ist die kognitive Legitimität für ein Unternehmen am erstrebenswertesten, weil sie Erfolg nachhaltig sichern kann – aber sie ist auch am schwersten zu erreichen.

Öffentliche Meinung und Befragung von Kommunikations-Experten

Zur Auswertung der Legitimitätskrise bei Korean Air haben die Forscher untersucht, wie die öffentliche Meinung zum Vorfall war. Dazu haben sie gesammelt was südkoreanische Blogs über das Thema geschrieben haben. Mit passenden Schlagwörtern je Legitimitäts-Typ konnten sie die öffentliche Meinung dazu abbilden. Um die Leistung der Krisen-PR von Korean Air zu bewerten, haben sie acht Kommunikations-Experten zum Vorfall befragt.

Die Fehler von Korean Air

Die Ergebnisse der Studie zeigen: Der Legitimitätsbruch bei Korean Air lag hauptsächlich bei der moralischen und kognitiven Legitimität vor – Cho hat die Flugsicherheit gefährdet und einen schlechten Führungsstil gezeigt. Die Krisenmaßnahmen von Korean Air fokussierten jedoch die pragmatische Legitimität, beispielsweise durch ein neues Vielfliegerprogramm. Damit handelte Korean Air an dem Problem, wie es die Öffentlichkeit wahrnahm, vorbei. Für die Forscher ist klar: Ein großes Problem!

Das Forscher-Duo hält fest: Verletzungen der kognitiven und moralischen Legitimität können einen großen Einfluss auf die öffentliche Meinung haben. Das heißt, sie können die Öffentlichkeit gegen ein Unternehmen aufbringen. Die Forscher legen nahe, die drei Arten von Legitimität der PR getrennt zu behandeln.

Die Krise als Legitimitätsbruch – Leitlinien für die PR

Die Forscher schlagen vor, dass in der Krise erst die Art des Legitimitätsbruch identifiziert und danach die passende PR-Strategie ausgesucht werden sollte. Der Vorschlag scheint logisch, könnte jedoch in der Praxis sehr schwer umzusetzen sein. Eine Krise zeichnet sich durch ihre Unsicherheit aus. Es kann schwer sein den Legitimitätsbruch zu erkennen. Dennoch ist es für PR-Praktiker wichtig zu wissen, dass in einer Krise die Legitimität des Unternehmens gefährdet ist. Wenn ein Unternehmen eine Nation repräsentiert (wie z.B. Korean Air), sind die Erwartungen der Öffentlichkeit hoch. Die Forscher vermuten: Je höher die Erwartungen desto heftiger die Kritik.

PR-Praktiker sollten ganz besonders auf die öffentliche Befürwortung und die wahrgenommene moralische und juristische Rechtmäßigkeit eines Unternehmens achten.

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Key Facts

  • Um als legitim wahrgenommen zu werden, versuchen Unternehmen Konflikte zu vermeiden und innerhalb der Gesetze und Normen einer Gesellschaft zu handeln.
  • Es gibt drei Arten von Legitimität, die in der PR getrennt behandelt werden sollten.
  • Kognitive und moralische Legitimität haben einen großen Einfluss auf die öffentliche Meinung. Das heißt, PR-Praktiker sollten ganz besonders auf die öffentliche Befürwortung und die wahrgenommene moralische und juristische Rechtmäßigkeit des Unternehmens achten
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Methode

  • Kombination von Netzwerkanalyse und Experteninterviews
    • Tiefeninterviews mit acht Experten für Unternehmenskommunikation
    • Experten mit zehn bis 37 Jahren Berufserfahrung. Sie arbeiten als Kommunikationsmanager (teilweise ehemals bei Korean Air) oder in PR-Agenturen
    • Das Bild der öffentlichen Meinung wurde nur durch eine Analyse von Blogs erstellt. Es gab keine Bevölkerungsbefragung. Das könnte die Ergebnisse verzerrt haben.
  • Legitimität ist ein Konstrukt, dass stark durch die Landeskultur beeinflusst werden kann. Die Ergebnisse der Studie sind also nur begrenzt generalisierbar.

Weiterlesen: Yim, M. C., & Park, H. S. (2018). Why Legitimacy Matters in Crisis Communication: A Case Study of the “Nut Rage” Incident on Korean Air. Journal of Business and Technical Communication, 33(2), 172–202.

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