Der Klimawandel hat in den letzten Jahren zu häufigeren Starkregen geführt. Dadurch treten vermehrt Hochwasserkatastrophen auf, die verschiedene Folgen nach sich ziehen: Massive Überschwemmungen in Wohngebieten, Infrastrukturschäden, Evakuierungen, Verletzte und Todesopfer. Naturkatastrophen erzeugen Ängste. Viele Menschen sehnen sich in dieser Zeit nach gesellschaftlichem Zusammenhalt.
Die sozialen Medien können eine wichtige Rolle übernehmen, um Menschen in solchen Situationen näher zusammenzubringen. Sie fördern den Austausch zwischen Behörden, Journalist:innen und Bürger:innen. Die Studie von Bolari und Bowen untersucht, wie Behörden soziale Medien effektiv in die Krisenkommunikation einbinden können.
Die Rolle der sozialen Medien im Krisenmanagement
Krisenmanagement ist die Umsetzung einer Reaktion auf ein Problem, wie zum Beispiel eine Naturkatastrophe. Kommunikationsverantwortliche einer Behörde planen die optimale Reaktion auf eine Krise im Voraus. Die Auswirkungen einer Naturkatastrophe lassen sich jedoch kaum abschätzen – das erschwert die Planung einer Kommunikationstrategie. Die Kommunikatoren im öffentlichen Sektor fühlen sich aufgrund dessen stärker in ihrer ethischen Verantwortung herausgefordert. In Krisenzeiten werden sie zu Notfallmanager:innen: Sie nutzen die sozialen Medien als Hilfsmittel, um schnell und effektiv zu kommunizieren und die sich ändernden Bedingungen während Naturkatastrophen in Echtzeit zu aktualisieren. Außerdem erreichen Notfallmanager:innen über soziale Plattformen Journalist:innen und Einsatzkräfte, die Rettungs- und Hilfsanfragen sammeln. Die Autor:innen der Studie kommen zu dem Ergebnis, dass soziale Medien bei Krisen eine wichtige Rolle übernehmen: Sie stellen der Öffentlichkeit schnell die wichtigsten Informationen zur Verfügung, ordnen Situationen ein und schaffen Transparenz.
Herausforderungen der Krisenkommunikation über soziale Medien
Die Studie zeigt, dass in Krisenzeiten ein hohes Bedürfnis nach Informationen besteht. Die mangelnde redaktionelle Kontrolle in sozialen Netzwerken gefährdet die Wahrhaftigkeit von Beiträgen. Gerüchte und Fehlinformationen, die im öffentlichen Diskurs entstehen, verbreiten sich schnell auf sozialen Medien. Andererseits können soziale Medien von Notfallmanager:innen genutzt werden, um eine „Gerüchtekontrolle“ durchzuführen und diese zu stoppen. Die Ergebnisse der Studie bestätigen, dass offizielle Kanäle von öffentlichen Behörden der Informationsflut in Notfällen entgegenwirken, indem sie die Aufmerksamkeit auf geprüfte Informationen lenken und eine Bereitstellung von offiziellen Quellen gewährleisten. Eine behördenübergreifende Weitergabe von Nachrichten über soziale Plattformen stellt einen strategisch wertvollen Ansatz dar, um Falschmeldungen und Gerüchte effizient zu korrigieren und den Informationsfluss zu fördern. Notfallmanager:innen dürfen die bestehende digitale Kluft in der Gesellschaft jedoch nicht außer Acht lassen. Behörden sollten soziale Medien lediglich als Instrument einer ganzheitlichen und mehrkanaligen Strategie heranziehen. Informationen müssen für alle Bevölkerungsgruppen zugänglich sein.
Strategisch und durchdacht: So funktioniert Kommunikation in Krisenzeiten
Die Studie zeigt, dass Behörden brauchen eine professionelle Social-Media-Abteilung, die optimal auf solche Krisen vorbereitet ist. Die Kommunikator:innen dieser Abteilung pflegen die Beziehungen zu Journalist:innen, vermitteln Hilfe und übernehmen das Community-Management – und das alles so aktuell wie möglich. Dabei sollten die Sorgen und Probleme der Öffentlichkeit erkannt und in Maßnahmen miteinbezogen werden. Um den Umgang mit von Bürger:innen veröffentlichten Inhalten zu erleichtern, sollten die Verantwortlichen Richtlinien verabschieden, die eine dynamische Kommunikation auf sozialen Netzwerken unterstützen.
Top 3 Handlungsempfehlungen

- Treffen mit lokalen Journalist:innen organisieren, um sich auszutauschen, Richtlinien für die Kommunikation im Katastrophenfall festzuhalten und Netzwerke zu bilden
- Einführung von Hashtags, die behördenübergreifend genutzt werden, um Bürger:innen kompakt zu informieren und auf offizielle Quellen hinzuweisen
- Nach der Krise die Kommunikation umfassend evaluieren und Maßnahmen für weitere Krisenfälle ableiten
Angaben zur Studie
Autor:innen: Alessandro Lovari und Shannon A. Bowen
Methode: Interview
Stichprobe: 5 Leiter der Öffentlichkeitsarbeit für staatliche Regierungsabteilungen, 3 Chefkommunikatoren auf Stadt- oder Kreisebene, 1 Chefkommunikator einer großen Universität in der Katastrophenzone, 1 regionalen Leiter einer nationalen NGO für Katastrophenhilfe
Erhebungszeitraum: 2019